Writers Against the War on Gaza (WAWOG) ist eine ad-hoc Initiative, die sich der Solidarität mit der palästinensischen Bevölkerung und dem Horizont ihrer Befreiung verschreibt. WAWOG bringt Schriftsteller*innen, Redakteur*innen und andere Kulturschaffende zusammen und möchte eine kontinuierliche Infrastruktur für Reaktionen aus dem Kulturbereich auf den Krieg schaffen. Dieses Projekt ist von der 1965 gegründeten Organisation American Writers Against the Vietnam War inspiriert.


Statement der Solidarität

26. Oktober 2023*

Israels Krieg gegen Gaza ist der Versuch eines Genozids an der palästinensischen Bevölkerung; ein Krieg, der nicht erst am 7. Oktober begonnen hat. Doch allein in den letzten 19 Tagen hat das israelische Militär mehr als 6.500 palästinensische Menschen getötet, darunter mehr als 2.500 Kinder, und über 17.000 Menschen verwundet. Gaza ist das größte Freiluftgefängnis der Welt: Seine 2 Millionen Einwohner*innen – ein Großteil von ihnen geflüchtete Menschen, Nachfahren derer, die 1948 aus ihrem Land vertrieben wurden – werden seit Beginn der Blockade im Jahr 2006 der grundlegendsten Menschenrechte beraubt. Wir teilen die Einschätzung von Menschenrechtsgruppen, Wissenschaftler*innen und vor allem, von Palästinenser*innen in der Region: Israel ist ein Apartheidstaat, der seine jüdischen Bürger*innen auf Kosten der palästinensischen Menschen privilegiert, ohne Rücksicht auf die vielen jüdischen Menschen in Israel und in der Diaspora, die sich ihrer Vereinnahmung für ein ethno-nationalistisches Projekt widersetzen; das Projekt eines Staates, in dem rechtsextreme Politiker zur eigenen Machterhaltung jahrelang auf die Stärkung der Terrororganisation Hamas gesetzt und gezielt friedliche Lösungen blockiert haben.

Wir vereinen uns als Schriftsteller*innen, Journalist*innen, Akademiker*innen, Künstler*innen und andere Kulturschaffende, um unsere Solidarität mit der palästinensischen Bevölkerung zum Ausdruck zu bringen. Wir stehen an der Seite ihres antikolonialen Widerstands für Freiheit und Selbstbestimmung und für ihr Recht, der Besatzung zu widerstehen. Wir stehen an der Seite der Menschen in Gaza, die einem völkermörderischen Angriff zum Opfer fallen, den die Regierung der Vereinigten Staaten weiterhin finanziell und militärisch unterstützt. Die illegale Besiedlung und Enteignung der West Bank, sowie die Unterdrückung der palästinensischen Menschen innerhalb des Staates Israel, bedeuten dabei eine weitere Verschärfung der Krise.

Wir wenden uns gegen die Zensur abweichender Haltungen und gegen rassistische und revisionistische Darstellungen in den Medien, die durch Israels Bestrebungen, die Berichterstattung aus Gaza zu unterbinden – wo Journalist*innen die Einreise verweigert wird, und wo israelische Streitkräfte gezielt Pressevertreter*innen angreifen – weiter gestärkt werden. Mindestens 24 Journalist*innen wurden mittlerweile in Gaza getötet. Weltweit sind Schriftsteller*innen und Kulturschaffende wegen ihrer Solidaritätsbekundungen mit Palästina Schikanen, Repressalien am Arbeitsplatz und Kündigungen ausgesetzt; oft reicht dafür, nur die Fakten der Besatzung zu benennen oder die Stimmen Betroffener zu Gehör zu bringen. Diese Fälle stellen schwere Eingriffe in den Schutz der Meinungsfreiheit dar. Gegen Zionismus-kritische Stimmen wird der Grundverdacht des Antisemitismus erhoben. Besonders aggressiv richtet sich die politische Repression dabei gegen Äußerungen muslimischer, arabischer und schwarzer Menschen, in den USA und weltweit. Wie auch nach den Anschlägen des 11. Septembers vereinen sich islamfeindliche politische Propaganda und die vielfältige Verbreitung unbelegter Behauptungen zu einer von den USA geführten Koalition zur militärischen Unterstützung einer brutalen Gewaltkampagne.

Was können wir tun, um gegen die vernichtenden Angriffe der israelischen Regierung auf die palästinensische Bevölkerung vorzugehen? Worte allein können die Zerstörung palästinensischer Wohnorte und Leben nicht aufhalten, eine Zerstörung, die schamlos und ohne zu Zögern von der gesamten Achse der westlichen Mächte unterstützt wird. Gleichzeitig müssen wir die Rolle der Sprache und Bilder im Angriff gegen den Gazastreifen thematisieren, und die entmenschlichende Zustimmung, die sie erzeugt haben: Israels Verteidigungsminister kündigt die Blockade von Wasser, Lebensmitteln und Strom als einen Kampf gegen „menschliche Tiere“ an; selbst als bekannt wurde, dass Israel dicht besiedelte Stadtteile bombardiert und weißen Phosphor in Gaza-Stadt einsetzt, schrieb das Editorial Board der New York Times: „was Israel verteidigt, ist eine Gesellschaft, die das menschliche Leben und die Rechtsstaatlichkeit schätzt“. Etablierte Medien beschreiben den Angriff der Hamas auf Israel weiterhin als „unprovoziert“. Writers Against the War on Gaza lehnt diese Perversion der Bedeutung ab, in welcher ein Atomstaat sich auf ewig zum Opfer erklären kann und gleichzeitig offen einen Völkermord begeht. Wir verurteilen diejenigen in unserer Branche, die weiterhin Apartheid und Völkermord tolerieren und ermöglichen. Wir können ein freies Palästina nicht herbeischreiben, doch gemeinsam müssen wir alles in unserer Macht Stehende tun, um Narrative zurückzuweisen, die die westliche Mitschuld an Völkermord verharmlosen.

Wir handeln zusammen mit anderen Schriftstellerinnen, Akademikerinnen und Künstlerinnen, die ihre Solidarität mit dem palästinensischen Anliegen bekundet haben. Seit 2004 setzt sich die Palestinian Campaign for the Academic and Cultural Boycott of Israel (PACBI) dafür ein, dass Organisationen sich einem Boykott von Institutionen anschließen, die den israelischen Staat oder Kulturinstitutionen repräsentieren, die Komplizen seines Apartheidregimes sind.** Wir rufen alle unsere Kolleg*innen, die in Kulturinstitutionen tätig sind, dazu auf, diesen Boykott zu unterstützen. Und wir laden Schriftsteller*innen, Redakteur*innen, Journalist*innen, Wissenschaftler*innen, Künstler*innen, Musiker*innen, Schauspieler*innen und alle, die kreativ und akademisch tätig sind, ein, diese Erklärung zu unterzeichnen. Unterstützt uns beim gemeinsamen Aufbau einer neuen kulturellen Bewegung für ein freies Palästina.

*Anmerkung des Übersetzers: Dieser Brief wurde am 26. Oktober von Schriftstellerinnen aus ganz Nordamerika verfasst. Die deutsche Fassung wurde am 15 November veröffentlicht. Wir laden Verbündete und Kolleginnen weltweit ein, sich unseren Bemühungen anzuschließen.

**Im Mai 2019 stimmte der deutsche Bundestag darüber ab, die BDS-Bewegung als antisemitisch einzustufen, woraufhin 240 jüdische und israelische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in einem offenen Brief reagierten: „Wir lehnen diesen Beschluss der auf dem falschen Vorwurf beruht, dass BDS als solches Antisemitismus gleichkommt, ab.“

Die BDS-Bewegung fordert wirtschaftlichen Druck auf Israel, um die Besatzung palästinensischen Landes zu beenden, arabischen Bürger*innen in Israel gleiche Rechte zu gewähren und das Recht auf Rückkehr palästinensischer Geflüchteter anzuerkennen.

Dieser Brief der Solidarität kann hier unterzeichnet werden.

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Image 1 - Part of the Palestinian Museum Digital Archive

Image 2 & 3 - Jayce Salloum, bowed my head in shame at having returned a visitor.., Abdel Majid Fadl Ali Hassan speaking in Bourg al Barajinah refugee ‘camp', near Beirut, Lebanon, from the video: “untitled part 3b: (as if) beauty never ends..”, Jayce Salloum, 11:22, 2002